Wie geopolitische und klimabezogene Entwicklungen die EU-Prioritäten für Risiko und Daten prägen

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  • Christoph Ruth, Mahir Alman
  • 16 December 2025

Die nachfolgende EU-geografische Zusammenfassung konzentriert sich auf die steigenden Herausforderungen durch geopolitische sowie klima-, umwelt- und naturbezogene Risiken. Gleichzeitig beleuchtet sie den wachsenden Bedarf an qualitativ hochwertigen Daten und einer leistungsfähigen Infrastruktur für Risikodaten. Insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierungsinitiativen von EU, EZB und ESMA gewinnt dies zunehmend an Bedeutung.

 

Steigende Risiken, Resilienz und Datenkompetenz

Finanzinstitute sehen sich einem deutlichen Anstieg komplexer und stark miteinander verknüpfter Risiken1 ausgesetzt. Geopolitische Entwicklungen sowie klima-, umwelt- und naturbezogene Risikotreiber werden von der EZB und den überarbeiteten SREP-Leitlinien klar priorisiert2. Sie wirken als durchschneidende Risikotreiber mit spürbaren Auswirkungen auf sämtliche traditionelle Risikokategorien.

Für Banken wird es entscheidend, ihre finanzielle und operative Resilienz weiter zu stärken, um die wachsenden Belastungen wirksam zu steuern. Dadurch steigen auch weitere Risiken, insbesondere im Bereich Geldwäsche und operationellen Themen, die im Rahmen der Umsetzung von AMLD 6 in der Verordnung EU 2024/1640 sowie bei der Sicherstellung der DORA-Konformität aktiv berücksichtigt werden müssen.

Geopolitische Risiken waren zudem ein zentraler Bestandteil des EU-weiten Stresstests 2025. Sie beeinflussen die Cyberrisikolandschaft erheblich, etwa durch KI-gestützte Angriffe, Identitätsbetrug und KI-unterstütztes Phishing.

Die wachsenden geopolitischen sowie klima-, umwelt- und naturbezogenen Risiken müssen daher konsequent in die institutsindividuellen Stresstests integriert werden. Nur so lassen sich die Auswirkungen auf verschiedene Risikokategorien vollständig erfassen, geeignete Maßnahmen für Governance, Compliance und Risikominderung ableiten und die Gesamtrobustheit der Institute steigern.

Dazu ist es erforderlich, zukunftsorientierte und institutsspezifische Szenarien zu entwickeln, deren Auswirkungen präzise zu analysieren und quantifizieren sowie die relevanten Risikotreiber klar zu identifizieren.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, müssen Finanzinstitute bestehende Defizite in der Aggregation ihrer Risikodaten und Risikoberichterstattung im Sinne der RDARR -Vorgaben beheben. Dies erfordert eine robuste Umsetzung aus den Perspektiven von Governance, Compliance, Datenmanagement und IT, wie auch in den Leitlinien der EZB zu RDARR3 hervorgehoben.
Im breiteren Kontext verfolgen die europäischen Aufsichtsbehörden strategische Ziele zur Stärkung der Digitalisierung und der Datenkompetenzen von Finanzinstituten. Dies wird im folgenden näher erläutert.

 

Digitale Transformation

Die europäische Finanzlandschaft befindet sich in einer tiefgehenden digitalen Transformation. Diese wird durch eine Reihe ambitionierter regulatorischer Initiativen sowie durch das EU-Datengesetz vorangetrieben. Rahmenwerke wie die Financial Data Access-Regulierung (FiDA), das Integrated Reporting Framework (iReF) mit dem Banks Integrated Reporting Dictionary (BIRD), der European Single Access Point (ESAP) und die eIDAS-Vorgabe für digitale Identität verfolgen gemeinsam das Ziel, die Regulierung digitaler Identität zu stärken, Transparenz zu erhöhen, Daten zu standardisieren und einen sicheren Datenaustausch im gesamten Finanzökosystem zu ermöglichen.


Diese Initiativen schaffen ein harmonisierteres und effizienteres Umfeld für regulatorische Berichterstattung, sie erhöhen jedoch gleichzeitig erheblich den Druck auf Finanzinstitute. Die Berichtspflichten steigen im Umfang und in der Komplexität, insbesondere durch Anforderungen an einen kurzfristigen Datenzugriff. Institute müssen Datenqualität, -konsistenz und -aktualität über mehrere regulatorische Rahmenwerke und Rechtsordnungen hinweg sicherstellen. Manuelle Prozesse sind dafür nicht mehr ausreichend.

Die Automatisierung der regulatorischen Berichterstattung und der internen Kontrollprozesse entwickelt sich daher zu einer zentralen strategischen Priorität. Eine End-to-End-Automatisierung ermöglicht es Organisationen, Compliance effizient zu erreichen und dauerhaft sicherzustellen, die Datenintegrität zu gewährleisten und operative Risiken zu reduzieren. Gleichzeitig gewinnen Teams Zeit für Analysen und Entscheidungen, statt in administrativen Tätigkeiten gebunden zu sein. Dies steht auch im Einklang mit den Leitlinien der EZB zu RDARR4.

Die Automatisierung regulatorischer Berichterstattung und interne Kontrollen werden zu einer wesentlichen strategischen Priorität.

Dr. Christoph Ruth, Executive Director, Capco

Integration von Datenmanagement und regulatorischer Intelligenz mit technologischer Innovation

Trotz der klaren Vorteile der Digitalisierungsinitiativen von EU, EZB und ESMA stehen Finanzinstitute vor komplexen Herausforderungen bei der Umsetzung der Anforderungen in den Compliance-Feldern FiDA, iReF und BIRD, ESAP und eIDAS sowie im Rahmen bestehender Berichtspflichten wie FinRep, CoRep, CSRD und EBA Pillar 3. Viele Institute arbeiten weiterhin mit isolierten Systemen, in denen Transaktions-, Risiko- und Finanzdaten getrennt verwaltet werden. Diese Fragmentierung erschwert die Konsolidierung und den Abgleich der Daten für granulare Berichterstattung und kurzfristigen Zugriff.


Jede Regulierungsinitiative führt eigene Datenmodelle, Taxonomien und Berichtsformate ein. Hingegen wird durch iReF und BIRD eine Standardisierung der Bankberichterstattung angestrebt. ESAP setzt einen Fokus auf öffentliche Finanz- und Nachhaltigkeitsberichte. FiDA erleichtert den Datenaustausch innerhalb des Finanzsektors. Zusätzlich definiert eIDAS regulatorische Rahmenbedingungen für digitale Identität und vertrauenswürdige Dienste. Um mit diesen sich dynamisch verändernden Standards Schritt zu halten und die Abstimmung mit bestehenden Berichtspflichten sicherzustellen, benötigen Institute flexible und anpassungsfähige Systeme.

Da Aufsichtsbehörden zunehmend Wert auf Datenintegrität und -Rückverfolgbarkeit legen, müssen Finanzinstitute starke Konsistenzen und Harmonisierungsprüfungen über ihre Datensätze hinweg sicherstellen. Dies umfasst die Abstimmung zwischen Finanz-, Buchhaltungs- und Risikodaten sowie die Sicherstellung einer integrierten Sicht auf nominale und wirtschaftliche Perspektiven. Manuelle Abstimmungen sind zeitaufwendig und fehleranfällig und erhöhen das Risiko regulatorischer Abweichungen. Automatisierung sollte daher über die reine Genauigkeit von Berichten hinausgehen und automatisierte interne Kontrollmechanismen integrieren. Diese müssen Datenabstammung nachverfolgen, Validierungsregeln durchsetzen und eine vollständig transparente Prüfspur gewährleisten. Die Umsetzung solcher Kontrollrahmen muss sowohl technischen als auch organisatorischen Anforderungen entsprechen. Der Ersatz veralteter Reporting Tools und manueller Prozesse durch automatisierte Systeme erfordert klare Investitionsentscheidungen, die Zustimmung von Stakeholdern und eine Neugestaltung bestehender Abläufe. Institute müssen Innovation mit regulatorischer Kontinuität und operativer Stabilität in Einklang bringen.

Die Basis einer wirksamen Automatisierung ist ein zentrales, harmonisiertes Datenmodell, das Eingaben über verschiedene Geschäftsbereiche und Systeme hinweg zusammenführt. Moderne Datenplattformen ermöglichen eine lückenlose Rückverfolgbarkeit von den Quelldaten bis zu den gemeldeten Ergebnissen. Darauf aufbauend ist die Stärkung der Datenabstammung und Qualitätskontrollen zwischen den Berichtseinheiten unverzichtbar, verbunden mit klaren Verantwortlichkeiten entsprechend regulatorischer Vorgaben. Kontinuierlich aktualisierte Richtlinien für Meldefrequenz, Zugriffsrechte und Korrekturprozesse sind wesentliche Bestandteile einer wirksamen Governance.

Ein modernes Datenmanagement benötigt eine Data Intelligence- und Data Governance-Plattform, die das Qualitätsmanagement automatisiert, Datenkataloge bereitstellt und regulatorische wie interne Richtlinien durchsetzt. Dies umfasst das Management von Metadaten, die Erstellung von Geschäftsglossaren und die Überwachung von Datenherkunft. Automatisierte Kontrollschichten sorgen für Validierung über den gesamten Berichtszyklus hinweg und prüfen Vollständigkeit, Genauigkeit und Konsistenz der Daten. Dazu gehören automatisierte Abstimmungsprüfungen, Abweichungsanalysen und regelbasierte Anomaliewarnungen. Diese Mechanismen stärken nicht nur die Einhaltung von Anforderungen, sondern auch die interne Governance, da sie Echtzeittransparenz über Datenqualität und Prozessleistung ermöglichen.

Automatisierung sollte zudem die Orchestrierung von Workflows einbeziehen. Berichtszyklen müssen standardisierten und prüfbaren Abläufen folgen, von der Datenextraktion über Validierung und Einreichung bis zur finalen Archivierung. Intelligente Workflow Engines unterstützen die Aufgabenverteilung, verfolgen Genehmigungen und generieren automatisch prüfbare Kontrollnachweise. Moderne Systeme sollten außerdem Selbsttest und Überwachungsfunktionen enthalten, die Abweichungen von erwarteten Ergebnissen erkennen. Diese integrierten Prüfmechanismen gewährleisten kontinuierliche Compliance, selbst wenn sich Datenquellen oder regulatorische Definitionen verändern.

Automatisierung sollte nicht nur genaue Berichte liefern, sondern auch automatisierte interne Kontrollen einbetten, die die Datenabstammung verfolgen, Validierungsregeln durchsetzen und einen transparenten Prüfpfad bieten.

Dr. Mahir Alman, Managing Principal, Capco

Schlussfolgerung

Finanzinstitute stehen vor steigenden Risiken durch geopolitische Spannungen sowie klima-, umwelt- und naturbezogene Faktoren. Diese bilden zentrale Prioritäten der EZB und werden auch durch die überarbeiteten SREP-Leitlinien hervorgehoben. Die übergreifenden Risikotreiber verstärken bestehende Risikokategorien und müssen vollständig in die Rahmenwerke zu AMLD 6 und DORA integriert werden. Zudem wurden sie in den EU weiten Stresstests 2025 verankert, die ihren Einfluss auf Cyberresilienz und neue Bedrohungen wie KI gestützte Angriffe und Identitätsbetrug klar hervorheben.

Die Stärkung finanzieller und operativer Resilienz verlangt die konsequente Beseitigung bestehender Schwächen in der Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung im Sinne von RDARR sowie eine engere Verzahnung von Governance, Compliance, Datenmanagement und IT. Parallel treiben die europäischen Aufsichtsbehörden wichtige Digitalisierungsinitiativen wie FiDA, iReF und BIRD, ESAP und eIDAS voran, die Erwartungen an Berichterstattung und Offenlegung grundlegend verändern. Mit gezielter Automatisierung und modernen Datenarchitekturen können Finanzinstitute Compliance als strategische Fähigkeit etablieren und damit Transparenz, Vertrauen und Anpassungsfähigkeit im datengetriebenen regulatorischen Umfeld stärken.

 

Referenzen 
1 Siehe Bearbeitung der Auswirkungen geopolitischer Risiken durch die EZB-https://www.bankingsupervision.europa.eu/framework/priorities/html/geopolitical-risk.en.html (Zugriff am 7. November 2025)
2 Siehe EZB-Prioritäten für 2025-27 und überarbeitete SREP GL (Konsultation) https://www.bankingsupervision.europa.eu/framework/priorities/html/ssm.supervisory_priorities202412~6f69ad032f.en.html; https://www.eba.europa.eu/publications-and-media/press-releases/eba-consults-revised-guidelines-supervisory-review-and-evaluation-process-and-supervisory-stress (abgerufen am 7. November 2025)
3 Siehe https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.supervisory_guides240503_riskreporting.en.pdf (abgerufen am 7. November 2025)
4 Siehe https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.supervisory_guides240503_riskreporting.en.pdf (abgerufen am 7. November 2025
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