EIDAS 2.0 – Eine neue Ära der digitalen Identität in der EU

  • Mehdi Rachidi, Oliver Ulmann & Dr. Mahir Alman
  • 11 December 2025

Ein vertrauenswürdiges digitales Europa aufbauen

Die Europäische Union startet mit eIDAS 2.0 eine neue Phase der digitalen Identität. Die Verordnung schafft einen sicheren, interaktiven und nutzergesteuerten Rahmen, der in allen EU-Mitgliedstaaten Anwendung findet. Bis 2030 sollen laut Europäischer Kommission mindestens 80 Prozent der EU-Bürger eine digitale Identitätslösung nutzen. eIDAS 2.0 bildet das Fundament für diese Entwicklung.

Aufbauend auf der ursprünglichen eIDAS-Verordnung aus dem Jahr 2014 führt eIDAS 2.0 die European Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet) ein. Sie ermöglicht Bürgern1 , Einwohnern und Unternehmen, verifizierte digitale Nachweise sicher zu verwalten und flexibel zu teilen. Eine zentrale Neuerung sind die Qualifizierte elektronische Attributbestätigungen (QEAA). Diese QEAAs haben den gleichen rechtlichen Status wie nationale elektronische Identitäten und erlauben die präzise Überprüfung einzelner Merkmale. Der nutzerzentrierte Ansatz fördert dabei Datenschutz und stärkt die Kontrolle der Benutzer über ihre Daten.

Die Verordnung erweitert den Umfang der Vertrauensdienste deutlich. Neben elektronischen Signaturen und Siegeln werden nun auch elektronische Archivierung, elektronische Ledger für Blockchain- und DLT-Anwendungen sowie das Management von Fernsignaturen und Fernsiegeln reguliert. Damit entsteht ein umfassender Rahmen für die Absicherung digitaler Transaktionen, die Integrität von Daten und den Aufbau digitaler Asset-Ökosysteme.

Ein weiterer Kernpunkt ist die verpflichtende Anerkennung der EUDI-Wallet durch den öffentlichen Sektor sowie ausgewählte private Einrichtungen wie zum Beispiel Banken, Telekommunikationsanbieter und große Online-Plattformen. Dies ermöglicht eine einheitliche Aktionen über Länder- und Branchengrenzen hinweg bei denen die Identität der agierenden Parteien verifiziert ist.

eIDAS 2.0 stellt Sicherheit, Datenschutz und Benutzerkontrolle in den Mittelpunkt. Die Verordnung setzt die Grundsätze der DSGVO konsequent um und führt wirksame Schutzmechanismen gegen den Missbrauch persönlicher Daten ein. Nutzer bestimmen selbst, welche Informationen sie mit wem teilen und für welchen Zeitraum.
Insgesamt wandelt eIDAS 2.0 das derzeit fragmentierte europäische Umfeld in ein paneuropäisches Ökosystem, das auf Interoperabilität, Transparenz und digitaler Souveränität basiert.

 

Wichtige Veränderungen und Auswirkungen auf den Finanzsektor

Der Finanzsektor gehört zu den Branchen, die am stärksten von eIDAS 2.0 profitieren und gleichzeitig gefordert werden. Da Identitätsverifizierung und Authentifizierung zentrale Bestandteile des Bankgeschäfts sind, besitzt die EUDI-Wallet erhebliches Transformationspotenzial für Kernprozesse, von der Kundenaufnahme bis zur grenzüberschreitenden Bereitstellung von Finanzdienstleistungen.

Ein wesentlicher Einfluss betrifft die Know Your Customer- und die Customer Due Diligence-Verfahren. Anstelle zeitaufwendiger manueller Prüfungen oder nationaler Einzellösungen können Banken Identitäten über verifizierte digitale Nachweise aus der EUDI-Wallet prüfen. Dadurch entstehen schnellere Onboarding-Prozesse, geringere Compliance-Kosten und eine höhere Datenqualität. Gleichzeitig behalten Kunden die Kontrolle über ihre Informationen.

Die Wallet unterstützt zudem die starke Kundenauthentifizierung (SCA) unter PSD2. Mit integrierten Funktionen für biometrische Verifizierung und qualifizierte elektronische Signaturen stärkt sie die Betrugsprävention und fördert das Vertrauen der Nutzer in digitale Kanäle.

Durch die Harmonisierung der digitalen Identitätsprüfung in allen EU-Mitgliedstaaten erleichtert eIDAS 2.0 grenzüberschreitende Bankdienstleistungen. Kunden können Konten in anderen EU-Ländern eröffnen oder Services nutzen, ohne zusätzliche Identitätskontrollen. Banken gewinnen dadurch neue Wachstumsmöglichkeiten und können nahtlose europäische Kundenerlebnisse gestalten.

Auch die Anerkennung elektronischer Unterschriften und Siegel trägt zur Effizienzsteigerung bei. Vertragsabschlüsse und Transaktionen lassen sich schneller und rechtssicher digital abwickeln.

 

Implementierungsherausforderungen und strategische Anpassungen

Obwohl eIDAS 2.0 weitreichende Chancen eröffnet, erfordert die Umsetzung erhebliche technische, organisatorische und prozessuale Anpassungen. Die Integration der EUDI-Wallet sowie der zugehörigen Vertrauensdienste bis Ende 2027 zu implementieren benötigt vor allem Entwicklungen in den Bereichen Technologie, Governance und Kundeninteraktion.

Technisch müssen Banken sichere Schnittstellen zu nationalen Wallet-Ökosystemen aufbauen und ihre Systeme an den EU-weiten Interoperabilitätsrahmen anpassen. Die Infrastruktur muss in der Lage sein, QEAAs in Echtzeit zu verarbeiten.

Darüber hinaus müssen Institute robuste Verfahren zur Datenzustimmung, Speicherung und zum Widerruf von Daten entwickeln. Für alle Prozesse, die verifizierte Zugangsdaten und digitale Signaturen betreffen, sind klare Audit-Trails und Haftungsmodelle zu definieren.

Mitarbeiter und Kunden müssen im Umgang mit digitalen Wallets geschult werden. Der Kundenservice sollten in der Lage sein, identitätsbezogene Anliegen in digitalen Umgebung schnell und kompetent zu lösen.

Der Erfolg im Umgang mit eIDAS2.0 wird maßgeblich durch robuste Schnittstellen und Ökosysteme bestimmt. Banken werden verstärkt mit qualifizierten Vertrauensdiensteanbietern, Identitätsmaklern und Wallet-Emittenten kooperieren müssen, um reibungslose und sichere Prozesse zu gewährleisten.

 

Capco View: Regulierung in Wettbewerbsvorteil verwandeln

Capco versteht eIDAS 2.0 nicht als reine Compliance-Verpflichtung, sondern als strategischen Wendepunkt für Banken und Finanzdienstleister. Institute, die frühzeitig handeln, können die EUDI-Wallet nutzen, um das Kundenerlebnis neu zu gestalten, das Onboarding zu optimieren und digitales Vertrauen fest in jede Interaktion zu integrieren. Dadurch werden sie nicht nur zu Dienstleistern, sondern zu aktiven Nutzern digitaler Identitäten.

Die Einführung interoperabler Identitätsrahmen und die Zusammenarbeit mit nationalen Wallet-Systemen eröffnen Banken neue Rollen innerhalb digitaler Ökosysteme, von KYC-Dienstleistern bis hin zu Open Finance-Serviceplattformen.

Ein stufenweiser Ansatz ist empfehlenswert:

  • Kurzfristig: Bewertung der Bereitschaft der Infrastruktur die EUDI-Wallets technisch einzuführen und Anforderungen an Interoperabilität zu gewährleisten.
  • Mittelfristig: Neugestaltung der Authentifizierungs- und Einwilligungsprozesse
  • Langfristig: Verankerung der Identitätsverifizierung als serviceübergreifender, skalierbarer Bestandteil der Infrastruktur

Institute, die Technologie, Governance und Kundeninteraktion frühzeitig miteinander in Einklang bringen, werden nicht nur regulatorische Vorgaben erfüllen, sondern den Markt für digitales Vertrauen entscheidend prägen.

Die Einführung von eIDAS 2.0 verändert grundlegend, wie Banken Identität und Vertrauen im digitalen Raum managen. Institute, die frühzeitig handeln und Ökosysteme aktiv gestalten, werden die Zukunft des sicheren digitalen Bankings prägen.

Dr. Mahir Alman, Managing Principal, Capco

Schlussfolgerung

eIDAS 2.0 setzt einen entscheidenden Meilenstein für ein einheitliches und nutzerzentriertes Identitätsökosystem in Europa. Die EUDI-Wallet stärkt Sicherheit, Interoperabilität und Datensouveränität. Für Banken eröffnet sie erhebliche Potenziale zur Vereinfachung des Onboardings, zur Stärkung regulatorischer Konformität und zur Ermöglichung nahtloser grenzüberschreitender Dienstleistungen.

Der Weg zum Erfolg erfordert frühzeitige Vorbereitung, eine klare Strategie und die enge Verknüpfung von Technologie, Governance und Kundenorientierung. Mit der richtigen Expertise können Banken eIDAS 2.0 nutzen, um über Compliance hinauszugehen und eine führende Rolle im digitalen europäischen Identitätsmanagement einnehmen.

 

Wie Capco helfen kann

Während Europa von der Regulierung zur Umsetzung übergeht, stehen Finanzinstitute vor komplexen Herausforderungen, aber auch vor einzigartigen Chancen. Erfolg hängt davon ab, wie wirkungsvoll digitale Identität, Interoperabilität und Datenintegrität in den operativen Betrieb integriert werden.

Capco unterstützt Finanzinstitute dabei, regulatorische Anforderungen in strategische Vorteile zu verwandeln. Unsere Experten analysieren die Bereitschaft eIDAS-2.0 umzusetzen, entwickeln interoperable Architekturen und gestalten Wallet-basierte Onboarding- und Authentifizierungsprozesse. Durch die Kombination regulatorischer Fachkenntnis mit digitaler Transformationsexpertise stellt Capco sicher, dass die digitale Identität Effizienz, Sicherheit und Kundenerlebnis stärkt, statt lediglich die Compliance zu erfüllen.

 

 

1 Diversity gehört zu den Kernwerten von Capco. Um Texte für sie so kurz wie möglich zu halten, lesen sie an einigen Stellen nur die männliche Form, gemeint sind jedoch ausdrücklich sämtliche Geschlechter.

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