In unserem ersten Blogbeitrag zeigten wir auf, welche Chancen eine virtuelle Kundenorganisation für Versicherer darstellt.
In unserem zweiten Blog geht es nun darum, wie durch den Einsatz einer sogenannten Omnikanal-Plattform die Arbeitsorganisation im Kundenservice von Versicherern optimiert und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden gesteigert werden können. Durch eine Omnikanal-Plattform können Kundenanliegen, die über die verschiedenen Kommunikationskanäle wie Brief, Telefon, E-Mail etc. im Versicherungsunternehmen eingehen, regelbasiert und in Echtzeit an verfügbare und – für die jeweiligen Aufgaben – kompetente Mitarbeitende zur Bearbeitung zugewiesen werden.
Für die Einführung einer Omnikanal-Plattform empfehlen wir folgende Vorgehensweise:
1. Entwicklung eines strategischen Zielbildes
Zunächst müssen die strategischen Grundlagen für eine optimierte Arbeitsverteilung erarbeitet werden:
- Kurzbeschreibung der neu zu schaffenden Geschäftsfähigkeiten.
- Erhebung der Rahmenbedingungen des Unternehmens, die z.B. durch die strategische Ausrichtung oder bestehende Betriebsvereinbarungen gegeben sind.
- Analyse der Anforderungen der Fachbereiche, die zur zukünftigen virtuellen Kundenorganisation gehören und an den neuen Formen der Arbeitsverteilung beteiligt sein werden.
- Erstellung einer Roadmap, welche die wesentlichen Schritte zur Umsetzung des Zielbilds visualisiert.
Im Hinblick auf eine möglichst agile Einführung der Omnikanal-Plattform sollten sowohl das Zielbild als auch die Roadmap offen gestaltet sein und Raum für Anpassungen lassen.
2. Definition einer Facharchitektur
Die Integration der Omnikanal-Lösung in die bestehende Anwendungslandschaft muss aus Perspektive der Facharchitektur betrachtet werden. Viele der führenden Input-Managementsysteme sowie der Bestands- und Schadenmanagementsysteme der Versicherer verfügen auch über bestimmte Funktionalitäten zur Verteilung von Vorgängen und Aufgaben – meist jedoch nur für schriftliche Dokumente und nicht für Anliegen, die die Versicherer via Telefon oder Chat erreichen. Es gilt also festzulegen, welche Geschäftsfähigkeiten (Capabilities) zukünftig durch welche IT-Anwendungen unterstützt werden sollen. Darüber hinaus muss geklärt werden, wie eine Überinvestition, d.h. die Bereitstellung von Kernfunktionalitäten durch mehrere Systeme, vermieden werden kann. Ebenso müssen die Schnittstellen definiert und ein Überblick über den Datenfluss zwischen den Systemen geschaffen werden. Auch hier gilt, dass eine zu Beginn eines Projektes entwickelte Facharchitektur nicht als langfristig verbindlich betrachtet werden sollte, sondern als Diskussions- und Kommunikationsgrundlage.
3. Auswahl einer geeigneten Multikanal-Lösung
Am Markt gibt es eine Reihe von Multikanal-Lösungen, die sich in Architektur, den bereitgestellten Funktionalitäten, ihren Entwicklungs-Roadmaps, Bereitstellungsformen (on premise, Private Cloud, Public Cloud), Lizenzmodellen und Preisen unterscheiden. Es empfiehlt sich, auf der Grundlage des Zielbildes und weiterer Anforderungen eine Shortlist der Hersteller (Softwarelieferanten) zu erstellen und eine Ausschreibung durchzuführen. Dabei kann es sinnvoll sein, die Ausschreibung nicht an die Plattformhersteller selbst, sondern an geeignete Systemintegratoren zu richten.
4. Schaffung von Voraussetzung
Eine effiziente Arbeitssteuerung mittels einer Omnikanal-Plattform setzt die Priorisierung der zu bearbeitenden Geschäftsvorfälle voraus. Dies erfordert im ersten Schritt die Erstellung eines Katalogs an Geschäftsvorfällen und Aufgaben, denen anschließend Prioritäten zugeordnet werden. Eine weitere Voraussetzung ist die Definition eines einheitlichen Skill-Katalogs für die virtuelle Kundenserviceorganisation. Dabei sollte zwischen branchen- und geschäftsvorfallbezogenen Wissens- und Skill-Leveln (z.B. Experte oder Trainee) sowie Mitarbeitendenpräferenzen unterschieden werden. Diese Aufgabe kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, sofern sich der anfängliche Rollout auf den Telefonie und E-Mail-Kanal konzentriert.
5. Pilotierung und weiterer Rollout
Die Pilotierung sollte hinsichtlich der einzubindenden Kommunikationskanäle, Fachbereiche und Anzahl der Mitarbeitenden klar begrenzt werden. In einem unserer Projekte haben wir beispielsweise bei einem Versicherer die Telefoniefunktionalitäten einer Omnikanal-Plattform an drei Bereiche mit insgesamt rund 150 Mitarbeitenden ausgerollt. Die hier erarbeiteten Fachkonzepte dienten als Blueprint für den anschließenden Rollout an über 1.500 Mitarbeitende. Besonders im Fokus stehen dabei immer die Abstimmung mit den Arbeitnehmergremien und die Schulungskonzepte. Auf die Pilotphase folgt der stufenweise Rollout auf die gesamte „virtuelle“ Kundenorganisation.
Fazit
Die Einführung einer virtuellen Kundenserviceorganisation zusammen mit dem Einsatz einer Omnikanal-Lösung ist ein umfangreiches Projekt, das je nach Größe des Unternehmens in der Regel zwischen drei und fünf Jahren dauert.
Derzeit ist der Markt gerade in Bewegung, da führende Anbieter ihre Omnikanal-Lösungen zukünftig nur noch als Cloud Solutions anbieten. Für viele ihrer Kunden ist das ein Anlass, ihre bisherige Strategie zu überdenken.
Capco verfügt als unabhängiges Beratungsunternehmen über umfangreiche Expertise in allen Phasen der Zielbildbestimmung, der Lösungsauswahl und Einführung von Omnikanal-Plattformen und unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung.