WEALTH MANAGEMENT IM WANDEL: DIE ZUKUNFT DES RELATIONSHIP MANAGEMENTS

WEALTH MANAGEMENT IM WANDEL : ZUKUNFT DES RELATIONSHIP MANAGEMENTS

  • Juan Marin und Jorge Mejia
  • Published: 30 November 2020

 

Relationship Manager (RM) sind die Verkaufstreiber schlechthin im Wealth Management: Sie stellen Erträge sicher, kümmern sich um die potenzielle Steigerung des verwalteten Vermögens, beraten, koordinieren und vermitteln. Weil RM die Markenpräsenz der Bank für ihre eigene Akquise und Produktplatzierung nutzen, beeinflussen sie nicht zuletzt auch das Image des Instituts nach außen.

Der englische Begriff »Relationship Manager« ist präziser als die deutsche Bezeichnung »Kundenbetreuer«: Denn die im Frontoffice tätigen RM managen im wahrsten Sinne des Wortes die Beziehung, die zwischen dem Anbieter von Wealth Management-Dienstleistungen sowie Kundinnen und Kunden entsteht. Diese Aufgabe beginnt bereits, bevor Kunden eine formelle Beziehung mit der Bank aufbauen. 

Als Berater unterstützen RM Kunden, indem sie zunächst deren individuelle Bedürfnisse und Ziele ermitteln. Dadurch erkennen sie Herausforderungen, Präferenzen oder Einschränkungen auf Kundenseite und finden geeignete Wege, mit Produkten und Dienstleistungen deren finanzielle Ziele wie Kapitalerhalt, Vermögenszuwachs, Liquiditätsziele oder Planung der Pension zu erreichen.
Nach der Auftragsvergabe sind RM auch für die Koordinierung verschiedener Fachabteilungen verantwortlich, die während des gesamten Kundenlebenszyklus involviert sind: vom Onboarding mit dem Account-Management und der Organisation des Verkaufsmaterials mit dem Marketingteam über die Kommunikation der Aufträge mit dem Trading-Desk und der Gewährleistung eines angemessenen Portfolio-Risikomanagements bis zur Sicherstellung, dass sämtliche Vorschriften eingehalten werden. 


Aktuelle Herausforderungen für Relationship Manager

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung stellen sich wichtige Fragen rund um die zukünftige Rolle von Relationship Managern. Und das umso mehr, als die ohnehin hohe Digitalisierungsgeschwindigkeit durch die Coronavirus-Pandemie noch beschleunigt wurde. In diesem dynamischen Umfeld drängen sich Fragen auf:

  • Wie lässt sich die Rolle des Relationship Managers in einer sich ständig verändernden Umwelt zukünftig gestalten? 
  • Wie können Relationship Manager und Finanzinstitutionen das Kundenvertrauen erhalten? 
  • Wie wird sich der Generationenwechsel auf die Präferenzen und das Verhalten der Kunden auswirken?
  • Und wie wird das die Rolle des Relationship Managers beeinflussen? 

Unsere Expertise in digitaler Transformation, zusammen mit unserer langjährigen Erfahrung in der Beratung führender Finanzinstitute, erlaubt uns, fundierte Antworten auf diese Fragen zu geben.

Wie sich Relationship Management verändern muss

Die Pandemie hat den bereits bekannten Herausforderungen Digitalisierung und Innovation im Verlauf dieses Jahres einen gewaltigen Schub verpasst – und gezeigt, dass führende Unternehmen durchaus in der Lage sind, ihr Leistungsangebot vollständig auf digitale Dienstleistungen umzustellen. Andere hingegen verzeichnen deutliche Rückstände bei ihren Digitalisierungsbemühungen. 
Diese Entwicklung stellt auch die traditionelle Rolle der Relationship Manager auf den Prüfstand, vor allem im Hinblick auf ihre Funktion als zentrale Anlaufstelle für Kundinnen und Kunden. Denn demographische Trends senken das Durchschnittsalter der Kunden, und mit dem einhergehenden Generationswechsel verändern sich auch die Erwartungen an den Anbieter und dessen Dienstleistungen. Die Kundenansprüche steigen, befeuert von alltäglichen Nutzererlebnissen aus anderen Lebensbereichen – insbesondere von der starken Nutzung des Smartphones, das den PC als primäres digitales Endgerät teilweise abgelöst hat. 

Fest steht, dass sich die Rolle von Relationship Managern verändern muss; das Ausmaß der Veränderung hängt jedoch davon ab, wie schnell neue Technologien verfügbar gemacht werden, inwieweit diese Neuerungen die konkreten Aufgaben der RM unterstützen und nicht zuletzt, wie sich die Bereitschaft der Kunden zur Akzeptanz digitaler, technologiegetriebener Angebote entwickelt.

Ein wichtiger Treiber dieser Entwicklung sind Daten und die Fähigkeit, präzise Kundenprofile zu erstellen und im Verlauf der Kundenbeziehung zu pflegen. 

Dazu zählen auch Instrumente, die – mittels künstlicher Intelligenz – den RM im Beratungsprozess unterstützen. Der Nutzung relevanter Daten und deren Analyse erlauben es dem RM, die richtigen Fragen zu stellen, um ein besseres Kundenverständnis zu entwickeln. Gelingt das in hinreichendem Maße, können die angebotenen Leistungen besser auf die in diesem Segment sehr heterogenen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden angepasst werden.

Der auch durch staatliche Regulierung weiter gestiegene Verwaltungsaufwand lässt sich durch Digitalisierung reduzieren. Repetitive, manuelle Aufgaben können automatisiert werden, um die betriebliche Effizienz zu erhöhen. Gleichzeitig kann Technologie dazu beitragen, Vermögensverluste  von Kunden zu verringern, die auf operativen Fehlern und Ineffizienz in der Abwicklung beruhen.

Und nicht zuletzt erlaubt die Digitalisierung von Dokumenten und die Verfügbarkeit von Echtzeitinformationen die Verkürzung von Onboarding-Zeiten bei gleichzeitiger Einhaltung von Compliance-Vorschriften. 

Fazit: Der konsequente Einsatz digitaler Werkzeuge verschafft Relationship Managern mehr Zeit, sich auf ihre Hauptaufgaben der Kundenbetreuung zu konzentrieren.  


Die Zukunft des Relationship Managements

Die zukünftige Rolle von Relationship Managern wird zweifelsohne digital sein, und zwar intern und in der externen Kommunikation. Die Zeiten, da Informationen und Daten exklusiv für RM verfügbar waren, sind vorbei. Kunden haben oftmals kostenlos Zugang zu aktuellen Marktdaten  und -analysen. RM werden künftig eher die Rolle von Coaches einnehmen, die Kunden neue Features und Fähigkeiten vermitteln und mit diesen Kompetenzen die Kundenbeziehung und -loyalität stärken.  

In Zukunft werden Kunden immer öfter schon in der frühen Phase ihrer Geschäftsbeziehung über digitale Kanäle unterstützt werden. Der Onboarding-Prozess wird online und automatisiert durchgeführt, wobei die erforderlichen Dokumente digital unterzeichent und übermittelt werden. Darüber hinaus werden Kunden per Videoidentifikation legitimiert, was die Reisetätigkeit für beide Seiten reduziert. RM können sich auf Beratungsaspekte fokussieren, weil administrative Aufgaben (z.B. die Konformitätsprüfung der Dokumentation) automatisiert im Hintergrund ablaufen. Das befreit sie davon, sich mit dem Einsammeln von Dokumenten sowie anderen manuellen Arbeitsschritten zu beschäftigen.   

RM werden neue Hilfsmittel nutzen, die ihre Koordinierungsaufgaben vereinfachen. Kundenrelevante Daten wie Standort, Anlegertyp, Konsumgewohnheiten, Präferenzen, Daten aus sozialen Medien u.ä. werden analysiert und für die Zusammenstellung des Angebotes so aufbereitet, dass nur den Kundenpräferenzen entsprechende Produkte inklusive aller erforderlichen Dokumente bereits vor dem ersten Kundenkontakt verfügbar sind. Aufgaben wie die Angemessenheitsprüfung von MIFID II können bis zu einem gewissen Grad automatisiert werden. So lassen sich die Termine zwischen RM und Kunden effizienter gestalten, da nicht doppelt geprüft werden muss, ob ein bestimmtes Produkt für Kunden geeignet ist bzw. überhaupt angeboten werden kann. Durch diese Möglichkeiten können RM den jeweils korrekten Anlegertyp ermitteln und bestimmen, ob aktive Beratung oder ein alternativer Ansatz in der Kundenbetreuung gefragt ist. 

Zurzeit investieren viele Banken mit starker Präsenz im Wealth Management in Omnichannel-Initiativen. Damit werden alle relevanten Informationen, die zum Lifecycle-Management einer Kundenbeziehung gehören, integriert und synchronisiert über alle Kanäle verfügbar gemacht. 

Algorithmen erlauben die Anpassung der angeboten Informationen an die individuellen Bedürfnisse der Kunden. Intelligente Systeme schlagen Dokumente und Informationen vor, die für Kunden von Interesse sein könnten (z.B. Research, Marktaussichten usw.). Zudem analysieren sie die Anlagemöglichkeiten auf Grundlage von Parametern, die Kunden ihrem RM vorgeben oder die gemeinsam vereinbart wurden. RM werden bei den Eignungs- und Angemessenheitstests nach MIFID II, der Kundensegmentierung von intelligenten Programmen unterstützt, die auch das Cross-Selling-Potenzial aufzeigen.

In Krisenzeiten, in denen RM besonders gefragt sind und in denen persönlicher Kundenkontakt erwünscht ist, zwingen Reiseverbote Investoren, alternative Strategien zu entwickeln, um der Situation angemessen zu begegnen. Infolge der Pandemie hat Robo Advisory im Wealth Management wieder an Dynamik gewonnen. Klassisches Robo Advisory findet ohne Einbindung des RM statt und erlaubt den direkten, digitalen, allerdings meist standardisierten Wealth Management-Service. Jüngste Daten und Veröffentlichungen deuten darauf hin, dass der Geldzufluss von Robo Advisory aufgrund von Reisebeschränkungen und limitierten persönlichen Kundenkontakten seitdem zugenommen hat.1

Sogenannte Hybrid-Angebote, die den persönlichen Austausch mit digitalen Kanälen verknüpfen, überlassen die Entscheidung über das präferierte Medium dem Kunden. Die althergebrachte Informations-Asymmetrie wird abgebaut, und gleichzeitig sind RM in der Lage, flexibel auf die Aktivitäten und Bedürfnisse der Kunden zu reagieren. 

Es lässt sich nicht deutlich genug betonen, dass das zentrale Element trotz neuer Plattformen und Technologien die persönliche Interaktion zwischen Kunde und RM bleiben wird. RM werden also keinesfalls obsolet, sondern sind dazu aufgerufen, sich an die veränderten Rahmenbedingungen und Kundenverhalten anzupassen. Drei zentrale Faktoren bestimmen, ob dieser Anpassungsprozess erfolgreich sein wird:

  • Mindset: Offenheit von RM und Kunden gegenüber neuen Werkzeugen und Technologien 
  • Incentives: Anreizsetzung, um den Mehrwert im hybriden Betreuungsmodell zu realisieren
  • Partnerschaft: Die angemessene Kombination neuer Werkzeuge und Technologien, um ein Gleichgewicht zwischen persönlicher Beziehung und technologischem/digitalem Kontakt herzustellen

Richtig eingesetzt, werden diese Faktoren zu schlankeren Abläufen, effizienterer Arbeit, sinkenden Kosten und nicht zuletzt einer erhöhten Kundenzufriedenheit führen. 
Wealth Manager sollten diese Potenziale aktiv und zügig für sich erschließen, um im Wettbewerb um die Kundengunst im Vorteil zu sein.


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1 https://www.capco.com/Intelligence/Capco-Intelligence/Impact-of-Coronavirus-COVID19-on-Robo-Advisors